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Vegetationsökologie
Tropischer & Subtropischer Klimate (LV von 1986 - 2016)
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sEp
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ZM32
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S.
C4
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Klima-
und Vegetationsgeschichte sowie kultureller Einfluss
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Liste
mit Pflanzenabbildungen: |
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Postglaziale
Vegetationsdynamik als Folge der Mediterranisierung |
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Die heutigen
Forschungsergebnisse zur globalen Klimageschichte lassen keinen
Zweifel daran, dass wir es mit einer grossräumigen, sich ständig
wiederholenden (vom Menschen unabhängigen) Vegetationdynamik
mit den zyklisch auftretenden Glazialen und Interglazialen zu
tun haben. Vgl. Sie dazu noch einmal die Postglaziale
Vegetationsentwicklung!
Wie bereits
angedeutet, ist der mediterrane Klimatypus
selbst erdgeschichtlich relativ jung und erst während
des Pleistozäns mit der Ausbildung der polaren Eiskappen entstanden.
Wirklich mediterrane Klimabedingungen treten offensichtlich
nur während der Interglaziale bzw. Warmzeiten zwischen
den verschiedenen Vereisungszyklen des Pleistozäns auf und
zeigen im gegenwärtigen und aus astronomischer Sicht zu Ende
gehenden Holozän, dem Flandrischen Interglazial, eine
besonders grosse Ausdehnung.
Klimageschichtlich
über grössere Zeiträume betrachtet, besteht also
nach heutigen Erkenntnissen kein Zweifel daran, dass auch die heutigen
mediterranen Bedingungen ihr Ende finden werden.
Globalklimatische
Veränderungen nach der letzten Vereisung N-Europas
und N-Amerikas, in deren Folge es zu einer kontinuierlichen globalen
Erwärmung mit einem Abschmelzen der Eisgebiete kam, liessen
also auch die heute typischen mediterranen Bedingungen entstehen.
Auch der Meeresspiegel des Mittelmeeres stieg um ca. 120 - 130m
an und erreichte vor etwa 4.000 Jahren v.u.Z. die heutige Höhe.
Die Annahme,
wonach während der verschiedenen
Vereisungszeiten (somit auch während der letzten
Eiszeit) das heutige Mittelmeergebiet durch weiter südwärts
wandernde Zyklone erheblich höhere Niederschläge erhalten
habe (auch Pluvialzeiten genannt),
die zu einer mediterranen Vegetation z.B. auch N-Afrikas hätten
führen können, wurde durch neuere (palynologische) Untersuchungen
nicht bestätigt.
Die
mediterrane Vegetation mit ihrem hohen Anteil sklerophyller
Arten galt lange Zeit als typische "Anpassung" bzw.
als Resultat der Evolution an die Sommerdürre mediterraner
Klimate. Tatsächlich sind viele dieser Arten jedoch bereits
aus dem Tertiär (etwa vor 65 bis 1,5 Mio. Jahren BP, d.h.
Ende der Kreidezeit bis zum Beginn des Quartärs) bekannt,
als es überhaupt noch keine mediterranen Klimabedingungen gab.
Sie waren also quasi "präadaptiert"
(Walter & Breckle) - zutreffender
sollte es heissen "prädisponiert" -,
denn mit Klimaänderungen gegen Ende des Tertiärs (Abnahme
der Niederschläge) fand eine klimatisch bedingte Selektion
statt.
Abb. C4-02:
Ein alter Olivenbaum.
Es breiteten sich jene Arten aus, welche das genetische "Rüstzeug"
mitbrachten, dem sich einstellenden Klima mit geringeren Niederschlägen
(westliches N-Amerika, S-Europa) zu widerstehen, es waren die sklerophyllen
Arten, z.B.
Ceratonia
siliqua
(Johannesbrotbaum),
Olea
europaea
(Oliven),
Rhus
coriaria
(Sumach)
sowie immergrüne Quercus - Arten, z.B.
Quercus
coccifera
(Kermeseiche),
Quercus
ilex
(Steineiche) u.v.a..
In Europa starb
die wärmebedürftige und feuchtigkeitsliebende Tertiärflora
nahezu völlig aus. Lorbeerwälder blieben als Reste auf
den Kanarischen Inseln und auf Madeira an N-Hängen erhalten
und zwar dort, wo im Sommer in höheren Lagen Nebel die Dürre
mindern
(vgl. auch Walter & Breckle 1991, S. 3).
Allgemein werden nur ganz wenige Relikte angetroffen, wie z.B.
die beiden
einzigen europäischen Palmen
Phoenix
theophrasti (Kretische Dattelpalme, dort endemisch),
Chamaerops
humilis (Zwergpalme) (z.B.
S-Spanien, S-Italien)
die Caesalpiniaceen
Ceratonia
siliqua
(Johannesbrotbaum) und
Cercis
siliquastrum
(Judasbaum).
Relikte
tertiärer Flora in grösseren Refugien finden sich
im westlichen Kaukasus, am Südrand des Kaspischen Meeres.
Die nicht-sklerophyllen immergrünen Arten wachsen dort häufig
als Unterwuchs in den Wäldern (häufig in Buchenwäldern)
wie z.B.
Prunus
laurocerasus (Kirschlorbeer), verschiedene
Rhododendron
- Arten,
Ilex
aquifolium
(Stechpalme) und
Hedera
helix
(Efeu),
Buxus
sempervirens
(Buchsbaum) sowie
Taxus
baccata
(Eibe).
Der Übergang
von Lauriphyllie und Sklerophyllie ist fliessend. So gehören
zu den ersteren z.B.
Laurus,
(Lorbeerbaum)
Prunus
laurocerasus (Kirschlorbeer),
Rhododendron
- Arten,
aber auch die Arbutus - Arten, z.B.
Arbutus
andrachne
(ostmedit. Erdbeerbaum)
Arbutus
unedo (westmedit. Erdbeerbaum) sowie
Buxus
sempervirens
(Buchsbaum),
Ilex
aquifolium
(Stechpalme) und
Hedera
helix
(Efeu).
Die letzten beiden finden sich noch im atlantisch-gemässigten
Klima W-Europas.
Im Mittelmeergebiet
findet man von den feuchtigkeits- und wärmeliebenden Lorbeerwäldern
(es gab viele verschiedene Lorbeer-Arten!) nur noch Bestände
des Lorbeerbaumes -Laurus
nobilis
- an
feuchtigkeitsbegünstigten Nord- bzw. Westhängen, so in
N-Spanien, an den regenreichsten Stellen an der Adria
(Walter & Breckle) und Süd- bis SO-Anatolien
(vgl. das
Projekt
LöKAT!) sowie in N-Anatolien (Küste des Schwarzen
Meeres).
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Postglaziale
Vegetationsgeschichte
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Die
postglaziale Vegetationsgeschichte im Mittelmeerraum
basiert auf der Annahme einer Wiederausbreitung der Mediterranen
und einem Rückzug der Euro-Sibirischen (nach Norden) und Irano-Turanischen
(nach Osten) Florenelemente jeweils aus Refugialstandorten nach
Zunahme der Niederschläge und kontinuierlichen Erhöhung
der Temperaturen. So fand einerseits eine Ausbreitung der Mediterranen
Florenelemente (vermutlich aus südlichen und östlichen
Randregionen des Mittelmeeres) auf planare und colline Stufen und
andererseits ein Rückzug der Euro-Sibirischen Florenelemente
(kleine Refugialstandorte montaner Regionen des heutigen Griechenland
und S-Italiens) in die feuchtere montane Höhestufe statt bzw.
nach Mittel- und N-Europa. Näheres
dazu bei LANG, G. (1994) Quartäre
Vegetationsgeschichte Europas.- Gustav Fischer Verlag.
Die hier vorgestellten
Forschungsergebnisse bestätigen eine grossräumige, sich
ständig wiederholende - vom Menschen unabhängige -
Vegetationsdynamik als Folge zyklisch auftretender Glaziale
und Interglaziale.
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Klimaxtheorie
und Dynamik zonaler Vegetation
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Mit Walter
& Breckle
(1991, S. 2) ist zu konstatieren, "wie irreführend
die durch die Klimaxtheorie
vertretende Ansicht sein kann, nach der die Klimaxgesellschaften
als Endglied einer Primärserie entstehen.
In Wirklichkeit
sind die (sogenannten) Klimaxgesellschaften zonale Vegetationstypen,
in denen sich ständig den Klimänderungen entsprechend
Umgruppierungen der Pflanzenarten vollziehen; die einen breiten
sich aus, die anderen ziehen sich ganz zurück oder bleiben
als seltene Relikte (auf Sonderstandorten) noch erhalten. Die jeweiligen
Phytozönosen sind vorübergehende Erscheinungen und
im steten Wechsel begriffen, sobald das Klima sich ändert,
wobei die einzelnen Pflanzenarten nach dem Gesetz
der relativen Standortskonstanz und des Biotopwechsel
(vgl. im Detail
Walter
1964: 322 oder Walter
& Breckle 1983: 190-193) dort Anschluss finden, wo sie sich
im Wettbewerb durchsetzen. Es ist deshalb wenig aussichtsreich,
eine starre, streng hierarchische, pflanzensoziologische Gliederung
und Klassifikation der Phytozönosen allein nach floristischen
Gesichtspunkten aufzustellen."
Vgl. Sie
dazu noch einmal den Abschnitt
"Pflanzensoziologie"
und "Klimax-Gesellschaft" in
der Einführung
zur Vegetationsgeografie.
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Der
"natürliche" Umweltfaktor Feuer in mediterranen Landschaften:
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Die oben genannte
postglaziale Vegetationsentwicklung im Mittelmeerraum mit eher geringem
menschlichen Einfluss (mit dem Resultat weiter und zusammenhängender
Mono-Bestände, damit auch einer geringeren Artendiversität
- d.h. Arten pro Flächeneinheit - als aktuell!) wurde spätestens
im Neolithikum (vermutlich jedoch schon ab 12 - 10.000 BP) zunehmend
von anthropogen initiierten oder gesteuerten Prozessen überlagert.
Mit der Entstehung von festen Siedlungen wurde auch systematische
Brandrodung betrieben.
Geht man mit
Hamel
& Vennemann (2002) jedoch davon aus, dass dauerhafte Siedlungen
bereits nach dem Höhepunkt der letzten Vereisung in Westeuropa
vor über 18.000 Jahren existierten, ist auch mit anthropogen
bedingten Waldbränden zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt
zu rechnen.
"Bereits
der von Homo sapiens verdrängte Homo neanderthalensis, welcher
Westasien und Europa bis vor etwa 30.000 Jahren besiedelte [...],
war Jäger und verstand den Umgang mit Feuer. Zweifellos war
die Fähigkeit, Feuer durch eine gezielte Technik herzustellen,
ein Meilenstein menschlicher Entwicklung. Wenn auch die Feuerverwendung
durch den Menschen seit dem Mittelpleistozän (vor allem in
Europa, z.B. den pannonischen Landschaften im südlichen Mitteleuropa)
nachgewiesen wurde (spätestens seit diesem Zeitpunkt unterschied
sich der Mensch von anderen Mitbewohnern seiner Umwelt ), so ist
doch der gezielte Einsatz des Feuers in das ausgehende Acheulium
(300.000-75.000 BP) zu datieren. Dass sich wenigstens moderne Menschen
der Janus-Gesichtigkeit dieses Erfolges bewusst waren, zeigt die
Prometheus-Sage. Der Erwerb des Feuers wird z.B. auch heute noch
von den Buschmännern gefeiert." (
vgl.
Kehl 2000)
Waren also
"natürliche" Waldbrände,
z.B. hervorgerufen durch Blitzschlag - welche sich selbstverständlich
ungehemmt über grosse Areale ausbreiten konnten und bestenfalls
von geografischen Grenzen (z.B. breite Flüsse, Bergkämme
etc. ) aufgehalten wurden -, elementarer Bestandteil mediterraner
Ökosysteme, so kamen im Laufe der Geschichte zunehmend anthropogen
bedingte Waldbrände zur Gewinnung von Weideland und - besonders
aktuell - von Bauland dazu.
Obwohl
in den heute dicht besiedelten Landschaften am Mittelmeer, besonders
an der nördlichen Mittelmeerumrandung, Waldbrandereignisse
katastrophale Folgen für die dort lebenden Menschen haben können,
gilt auch hier, dass erst die Verhinderung von Bränden sogar
grosse Nachteile für die jeweiligen Ökosysteme haben kann.
Wie sich in vergleichbaren Vegetationsformationen N-Amerikas, S-Afrikas
und Australiens gezeigt hat, führen ausbleibende Waldbrände
zu einer starken Akkumulation toter organischer Substanz in den
Busch- und Waldformationen. Kommt es dann trotz aller Schutzmassnahmen
doch zu Waldbränden, können diese - wegen der akkumulierten
toten trockenen Biomasse - weit "verheerender" ausfallen
als unter "normalen" Bedingungen.
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Infos
von der NASA
und einer Dokumentation, u.a. auch als
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Datei - 2,7MB!
[date of access: 08.05.04] |
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Dass Feuer
zu den natürlichen Umweltfaktoren mediterraner Vegetation
gehört, zeigt sich auch an der "Anpassung" bzw. Prädisposition,
d.h. einer gewissen Feuerresistenz sowie an der generell
hoch entwickelten Regenerationsfähigkeit vieler mediterraner
Arten. Die Austriebsfähigkeit ist bei den meisten Chamae- und
Phanerophyten nach Bränden sehr hoch, einige keimen sogar wesentlich
reichhaltiger, z.B. (neben vielen anderen)
Pinus
brutia
(türk. bzw. kalabrische Kiefer),
Banksia
spec. ursprünglich nur Australien und
Cistus
- Arten
(Zistrosenarten).
Ausbleibende
Brände leiten in der Regel einen floristisch-physiognomischen
Wandel ein, der Baumarten begünstigt und die Etablierung
anderer Lebensformen erschwert. Nach Bränden erreicht dagegen
der Biomassenzuwachs in Hartlaub-Strauchformationen (mit
offenen Flächen, die dann oft von krautigen Arten eingenommen
werden) Spitzenwerte (was z.B. für weidende Ziegen, oder auch
Schafe von grossem Vorteil ist).
Abb. C4-03:
Feuer - ein natürlicher Umweltfaktor mediterraner Vegetation.
Neben den positiven Aspekten von Bränden (die in der organischen
Substanz gebundenen mineralischen Nährstoffe werden z.B. schneller
frei), können zu häufig angelegte Feuer jedoch auch
nachteilig sein.
"So
verringert sich mit der Rückstufung
der Biomasse -
40,9KB
- letztlich, nach den Anfangsgewinnen, auch die Flächenproduktivität
(...) und auf den Hangflächen kommt es zu einem erheblich verstärkten
Abfluss oder/und Tiefenversickerung. (...) Letzteres verstärkt
die Bodenerosion und Auswaschung von Nährstoffen und führt
unterhalb der Hänge zu einer unvorteilhaften Sedimentation"
(Schultz 2000, S.332).
Brandrodungen
und die Anlage von Feldern führten in der Geschichte zu einer
starken Fragmentierung, d.h. mosaikartigen Umgestaltung der Landschaften.
Die stetige Zunahme anthropo-zoogen bedingter Standorte (Wechsel
von Wald, Weg, Feld und Siedlung) führte ebenso zu einer rapiden
Zunahme der Artenvielfalt pro Flächeneinheit, wie dies
auch in mitteleuropäischen Kulturlandschaften nachgewiesen
wurde.
Die heutigen
mediterranen Landschaften werden zunehmend geprägt von einer
durch den wirtschaftenden Menschen bedingten Landschafts- und
Florendynamik. Bekanntlich handelt es sich bei den Ländern
rund um das Mittelmeer (inkl. Fruchtbarer Halbmond) um (ur)alte
Kulturlandschaften, deren Vegetation sich zwar weitgehend aus
originären mediterranen Arten zusammensetzt - hier wurden wesentlich
weniger Arten durch den Menschen eingeführt -, deren Vegetationsformationen
jedoch wenig Ähnlichkeit besitzen mit den früh-holozänen.
Näheres dazu bei BONN & POSCHLOD
(1998) Ausbreitungsbiologie
der Pflanzen Mitteleuropas.- Quelle und Meyer (speziell
das Kapitel: Kulturlandschaft - anthropogen
beeinflusste Landschaftsdynamik, S. 124 ff)
sowie
die Website der Uni Freiburg zur Feuerökologie
[date
of access 07.01.2020]
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