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Zur Erforschung der 'Western Desert of Egypt'
(Ecological Studies in the Libyan Desert of Egypt/N-Sudan / vegetation ecology of the Sahara - 1982-1987)

ZM56
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Zusammengestellt von Dr. Frank Darius & Dr. Harald Kehl - Vormals TU-Berlin, Fak. VI, Inst. f. Ökologie
(Compiled by Dr. Harald Kehl & Dr. Frank Darius - Formerly TU-Berlin, Fak. VI, Inst. f. Ökologie)
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Reinhard Bornkamm

zum 75. Geburtstag
Univ.- Prof. em. Dr. Suchfunktion
 Extremwüste Sahara - Beispiele für Marslandschaften auf der Erde
   
 

Die Sahara im Osten Nordafrikas, genannt 'Libysche Wüste' oder 'Western Desert of Egypt', ist eines der trockensten Gebiete der Erde.

Es wird geprägt von Gebirgs- bzw. Steinwüsten (Hammada), Kieswüsten (Serir) und Sandwüsten (Erg), die den kleinsten Teil bedecken (für die gesamte Sahara etwa 20%). Ihr fast regenloser Kern liegt im südwestlichen Bereich der "Western Desert" Ägyptens. Dieser zentrale Teil der Sahara ist wegen seiner extrem schweren Zugänglichkeit erst relativ spät ins Blickfeld der wissenschaftlichen Forschung geraten. Die dort vorherrschenden Landschaftsformen dienten der NASA zur Vorbereitung ihrer Marsmissionen.

  Abb. D2-10/01 (rechts):
Nordöstlicher
Gilf Kebir mit dem 'Contrast Wadi' - Blick nach NO.

Erste konkrete Vorstellungen von der Wüste, speziell der Sahara, wurden wesentlich geprägt von Expeditionsberichten des 19. Jahrhunderts (siehe unten!). Diese Berichte stellten die Basis dar für alle weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen.

Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang auch der ungarische Wüstenforscher László Ede Almásy (1895-1951). Sein Name gelangte wieder in das öffentliche Bewusstsein - romantisch verklärt - durch den Hollywood-Film "Der englische Patient". In den 20er und 30er Jahren unternahm er mehrere Expeditionen in die Libysche Wüste mit Kaftfahrzeugen, aber auch mit einem Leichtflugzeug. Er besuchte mehrmals die Region um Uweinat und den Gilf Kebir (Gilf el-Kebir), von dem er die ersten Karten anfertigte (u.a. wurden von ihm Akazienbestände erwähnt, Török, Z., 1997), und wo er 1933 auch prähistorische Felsbilder, z.B. "Die Schwimmer" entdeckte [date of access: 04.12.11]. Almásy publizierte mehrere Bücher über seine Expeditionen.

Daneben entstand auch ein verklärtes Bild von der Wüste, ein Mythos, der sich wohl belletristisch am stärksten durch Antoine de Saint-Exupérys "Der Kleine Prinz" verbreitete. (Saint-Exupéry, A. de 1943: "Le Petit Prince".- New York. / Saint-Exupéry, A. de 2000: "Der Kleine Prinz", 56. Aufl. - Karl-Rauch-Verlag, Düsseldorf). 1935 stürzte Saint-Exupéry mit seinem Flugzeug zusammen mit dem Mechaniker Prévot über der ägyptischen Wüste ab und wurde nach 5 Tagen von einer Nomadenkarawane gefunden. Leseprobe:

"Ich blieb [...] allein [...], bis ich vor sechs Jahren einmal eine Panne in der Wüste Sahara hatte. Etwas an meinem Motor war kaputt gegangen. Und da ich weder einen Mechaniker noch Passagiere bei mir hatte, machte ich mich ganz allein an die schwierige Reparatur. Es war für mich eine Frage auf Leben und Tod. Ich hatte für kaum acht Tage Trinkwasser mit.

Am ersten Tag bin ich also im Sand eingeschlafen, tausend Meilen von jeder bewohnten Gegend entfernt. Ich war viel verlassener als ein Schiffbrüchiger auf einem Floss mitten im Ozean. Ihr könnt euch daher meine Überraschung vorstellen, als bei Tagesanbruch eine kleine seltsame Stimme mich weckte:
'Bitte ... zeichne mir ein Schaf!' - 'Wie bitte?' - 'Zeichne mir ein Schaf ...' - Ich bin auf die Füsse gesprungen, als wäre der Blitz in mich gefahren. Ich habe mir die Augen gerieben und genau hingeschaut. Da sah ich ein kleines, höchst ungewöhnliches Männchen, das mich ernsthaft betrachtete. (S.9f) [Es war der Kleine Prinz] ...

Er war müde. Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: 'Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinneren, die man nicht sieht ...'

Ich antwortete: 'Gewiss', und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Mond. 'Die Wüste ist schön', fügte er hinzu.

Und das ist wahr. Ich habe die Wüste immer geliebt. Man setzt sich auf eine Sanddüne. Man sieht nichts. Man hört nichts. Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.

'Es macht die Wüste schön', sagte der Kleine Prinz, 'dass sie irgendwo einen Brunnen birgt.' Ich war überrascht, dieses geheimnisvolle Leuchten plötzlich zu verstehen." (S.76f)

Textausschnitt übernommen aus: Herbert Popp (2001) Die Wahrnehmung der Sahara - Stereotype über eine Wüstenregion und ihre touristische Vermarktung.- Praxis Geographie, Juli-August 7/8: 4-9.

   
   
 Die Sahara wird von der Wissenschaft 'entdeckt'
   
 

Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Flora NW-Afrikas von dem schwedischen Naturforscher Pehr Forsskål, eines Schülers Carl von Linnés, auf seiner "Arabischen Reise" (1761-1769) intensiv untersucht und in der "Flora Aegyptiaco-Arabica" (1775) beschrieben. Viele Taxa dieses Raumes sind daher mit seinem Namen verbunden (vgl. Artenliste).

Detaillierte geografische und floristische Kenntnisse über die Libysche Wüste erbrachte die mehrmonatige, von Gerhard Rohlfs (1831–1896) geführte Expedition, in die bisher weitgehend unbekannten Landschaften südlich der Qattara-Depression.


Zu den Teilnehmern der damals mit Kamelen und teilweise zu Fuss durchgeführten Unternehmung gehörte auch der verdienstvolle Berliner Botaniker Paul Friedrich August Ascherson(1834 –1913). Als Kustos am Berliner Botanischen Museum widmete er sich vor allem der Botanik und der speziellen Pflanzengeografie.

Während der Expedition"wurde die Kleine Oase [Dakhla] aufgenommen– 1875 veröffentlichte Ascherson[in dem Expeditionsbericht] die erste exakte Karte dieses Gebiets – und die Oasen Dachel [Dakhla], Farafrah und Baharije erkundet. 1887 veröffentlichte er in einem Vorbericht die botanischenErgebnisse der Expedition in der Botanischen Zeitung.

[Zehn Jahre nach der Expedition mit dem Afrikaforscher Rohlfs, im Jahre]1876 leitete er gemeinsam mit dem Naturwissenschaftler Georg August Schweinfurth (1836–1925) eine Expedition in die ägyptische Thomaswüste; beide verfassten als Ergebnis dieser Reise die »Illustrations de la flore d'Egypte«, die 1887 und 1889 in Kairo herauskamen." (Fischer 1998: 54/55)

   
Beginn der ökologischen Forschung in der Wüste
   
 

Etwa zeitgleich mit botanischen Erkundungen von Ascherson und Schweinfurth begannen autökologische Studien an Wüstenpflanzen in der Region um Kairo. Mit den Arbeiten von Georg Volkens (1887) und Otto Stocker (1926-28) wurden erstmals ökophysiologische Messungen unter unterschiedlichen edaphischen und klimatischen Verhältnissen dieses extremen Lebensraumes durchgeführt. Diese Studien wurden später von ägyptischen Wissenschaftlern wieder aufgegriffen und weitergeführt (z.B. von Abd el Rahman, K.H. Batanouny)

Die innovative Verwendung von Kraftfahrzeugen ermöglichte in den 20er und 30er Jahren weite Erkundungsfahrten durch die Western Desert bis in den Nordsudan und brachte erste Einsichten in die Landschafts- und Vegetationsverhältnisse der Ost-Sahara, die allerdings in botanischer Hinsicht und in Anbetracht der Grösse des Gebietes eher anekdotisch blieben.

Mit der Gründung eines Lehrstuhls für Botanik an der Cairo University 1925 und der Einrichtung des Herbariums wurde unter Gunnar und Vivi Täckholm die floristische Inventarisierung des Niltals und der umliegenden Wüstengebiete in Ägypten und seinen Nachbarstaaten fortgeführt und intensiviert. Die auf diesen Arbeiten fussende Herausgabe der "Flora of Egypt", deren erster Teil 1941 veröffentlicht wurde, ermöglichte dann erst die weitere vegetationskundliche und ökologische Forschung in dieser Region.

Auch Wissenschaftler der TU-Berlin, damals aus dem Institut für Angewandte Botanik, trugen bereits in den 50er Jahren mit ihren umfangreichen pflanzenphysiologischen Untersuchungen wesentlich zum Verständnis der Überlebensstrategien von Wüstenpflanzen bei. Zu nennen ist hier vor allem Prof. Ulrich Berger-Landefeldt, welcher mehrere Beiträge zur "Ökologie der Pflanzen nordafrikanischer Salzpfannen" publizierte.

   
   
Die erste Gliederung aus ökologischer Sicht: Habitat-Typen
   
  Die ökologischen Arbeiten in Ägypten der 50er und frühen 60er Jahre waren von Mohammed Kassas und seiner angelsächsisch geprägten ökosystemaren Sichtweise beeinflusst. Erstmals wurde versucht, die Teillandschaften der Western (und Eastern) Desert, soweit bekannt, unter ökologischen Gesichtspunkten zu charakterisieren und gemeinsame Habitat-Typen und deren besondere Umweltbedingungen zu definieren.
   
   
Vegetationsökologische Forschung und pflanzensoziologische Erfassung
   
 




Im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 69, wesentlich initiiert von dem Geologen Prof. E. Klitzsch, mit dem Titel "Geowissenschaftliche Probleme Arider Gebiete - Geologie, Ressourcen und Nutzungsmöglichkeiten" (SFB 69 ab 1981 an der TU-Berlin) führten die Teilprojekte B6 (Ökologische Karten der Ostsahara zur Bewertung von Landnutzungen), B7 (Vergleich von Genese und Dynamik typischer Ökosysteme der Halbwüste und Vollwüste) und B8 (Optimierung von Bewässerungsverfahren, des Wasserverbrauchs landwirtschaftlicher Kulturpflanzen und des Düngemitteleinsatzes im Bewässerungs- und Trockenfeldbau) umfangreiche Untersuchungen durch.

  Abb. D2-10/02 (rechts):
Projektgebiet und Forschungsreisen. Ausschnitt bitte anklicken!

   
   
  An den drei Teilprojekten war wesentlich das Institut für Ökologie der TU-Berlin beteiligt. Vegetationsökologische Untersuchungen wurden unter der Leitung von Prof. Bornkamm durchgeführt. Die Forschungsreisen reichten von der Mittelmeerküste N-Ägyptens bis in das Gebiet des nördlichen Sudan (vgl. Abb. rechts oben!). Für die Expeditionen stand ein bestens ausgerüsteter Fahrzeugpark zur Verfügung, der es ermöglichte, auch abgelegene und schwer zugängliche Bereiche der "Western Desert" sicher zu erreichen.
   
   
 

Alle Forschungsreisen wurden zusammen mit Bodenkundlern unseres Instituts durchgeführt (Prof. Stahr, Prof. Renger, Dr. Alaily u.a.). Damit standen umfangreiche und detaillierte pedologische Informationen für die Auswertung der vegetationsökologischen Untersuchungen (Kehl & Bornkamm, Stahr et al.) zur Verfügung. Gemeinsam konnten so für weite Teile der "Western Desert" ökologische Karten entwickelt werden.

  Abb. D2-10/03 (rechts):
Unsere Fahrzeuge im SFB 69 "Geowissenschaftliche Probleme Arider Gebiete" an der TU-Berlin.

   
   
 

Traditionell wurden Vegetationsgliederungen in Ägypten und Sudan bis in die 70er Jahre hinein nach rangfreien, sog. "community-types" vorgenommen (Kassas et al., Ayyad et al. ). Erst mit dem Beginn der Arbeiten unter Reinhard Bornkamm und Mitarbeitern seit 1981 wurden systematisch Vegetationsaufnahmen nach dem Br.-Bl. - System erhoben (vgl. Karte unten mit den Aufnahmeorten).

 

 

  Abb. D2-10/04 (oben):
Reinhard Bornkamm am Z1 - noch unentschlossen .....

   
 

Dabei kommt Reinhard Bornkamm der Verdienst zu, integrativ pflanzengeographische, landschaftsökologische und pflanzenphysiologische Methoden und Analysen miteinander verbunden zu haben, gewöhnlich unter Feldbedingungen, die von extremer Hitze, Anstrengung und oftmals grossem Zeitdruck geprägt waren.

Schon sehr bald nach Aufnahme der Geländearbeiten war Reinhard Bornkamm zu der Überzeugung gelangt, dass selbst die aridesten Teile dieser Extremwüste nicht gänzlich ohne Leben sind, sondern als Lebensräume mit - wenn auch sehr einfachen - Ökosystemstrukturen angesehen werden können (vgl. Ökologische Wüstentypen).

  Abb. D2-10/05 (links):
Reinhard Bornkamm mit Frank Darius bei wohlverdienter Zigaretten-Pause.



  Abb. D2-10/06 (rechts unten):
Reinhard Bornkamm mit Harald Kehl, nach vielen Kilometern absolut vegetationsloser Wüste - endlich eine tote Stipagrostis entdeckt.

Seine Veröffentlichungen hierzu (vgl. besonders autochthone und allochthone Ökosysteme) sowie die Arbeiten zur ersten pflanzensoziologischen Gliederung für die Western Desert in Ägypten, können sicher als Meilensteine auf dem Gebiet der Wüstenökologie allgemein und der Vegetationsgliederung speziell der Ost-Sahara gelten. Zusammen mit dem ökologischen Kartenwerk, in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kartografie und geologischen Wissenschaften, sind diese Arbeiten heute Grundlage jeglicher vegetationsökologischer Forschung der "Western Desert" in Ägypten, von der Mittelmeerküste bis in den Randbereich des Sahel im nördlichen Sudan.

Von den Detailuntersuchungen sind besonders die Arbeiten zwischen

  Eine Auflistung aller gefundenen Pflanzen-Arten (List of all species determined in the framework of the research project) - inkl. Angaben zum ChoroType, zur Lebensform, zu den Fundorten und dem vorliegenden Herbarmaterial, teilweise auch Fotografien der Arten am Standort - ) finden Sie hier. Icon für interne HTML-Hyperlinks [1,1MB]
   
   
   
Das Untersuchungsgebiet in Ägypten und NW-Sudan:
 
  UG1 - Mersa Matruh district UG4 - Gilf Kebir
   
    Abb. D2-10/07:
Vegetationskundliche und ökosystemare Aufnahmeorte von Reinhard Bornkamm und seinen Mitarbeitern in Ägypten und im NW-Sudan. Die Eintragungen sind noch nicht vollständig, werden jedoch kontinuierlich erweitert.
   
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  Zitierte und weitere Literatur:
 
  Frühe Publikationen zur Libyschen Wüste
   
  Publikationen von und mit Reinhard Bornkamm
   
  Publikationen aus dem Sonderforschungsbereich 69 (SFB 69 - kleine Auswahl ökologischer Publikationen)
 
  Weitere Publikationen aus dem SFB 69 (hauptsächlich in Berl. Geowiss. Abh., Verlag von Dietrich Reimer, Berlin)
   
  Publikationen ägyptischer (u.a.) Wissenschaftler (kleine Auswahl)
   
  Weitere Publikationen (kleine Auswahl)
 
   

  Internet Ressourcen

   
  Kleine Auswahl, wird lfd. erweitert
   

  Liste aller gefundenen Pflanzen

   
  Ägypten und N-Sudan, inkl. tw. Fotos, Fundorte u. Details
   

  Landschaften der Sahara und weitere interessante Informationen

   
  Impressionen aus Ägypten bis N-Sudan
   
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